Dienstag, 16. Juni 2009

"Ursel", "Gutti", das BKA und die wundersame Wandlung der Parteien

Laut taz.de weiß die Regierung nicht, "wo die Server stehen und ob es überhaupt eine relevante Anzahl von Kinderporno-Websites gibt." Auf eine Anfrage der FDP soll die Regierung geantwortet haben, dass es keine gesicherten Informationen gibt, sie keine Kenntnisse darüber hat, sie über keine wissenschaftlichen Erkenntnisse verfügt, sie keine Sperrlisten untersucht hat und sie über keine detaillierte Einschätzung des kommerziellen Marktes für Kinderpornografie in Deutschland verfügt. Langsam wird das aber peinlich für "Ursel", "Gutti", das BKA und die Parteien. War da nicht vergangene Woche ein dementierter Ausrutscher von Wiefelspütz?

Die SPD will die Sperrlisten nicht im Telemediengesetz regeln, sondern in einem speziellen "Zugangserschwerungsgesetz". Es soll symbolisch deutlich machen, dass es bei den Sperrlisten "nur" um Kinderpornografie geht und nicht um illegale Musiktauschbörsen, "verfassungsfeindliche" (ein sehr dehnbarer Begriff) Inhalte oder "Killerspiele". Hieran wird das Gesetz vermutlich nicht scheitern, da ein spezielles Gesetz später für andere Zwecke erweitert werden könnte.

Die SPD will das Gesetz über Internetsperren auf drei Jahre befristen. Das könnte für die CDU eine höhere Hürde sein. In einer erwarteten schwarz-gelben Koalition müsste sie die FDP davon überzeugen das Gesetz zu verlängern. Die FDP scheint noch skeptischer zu sein, als die SPD. Die größte Hürde könnte die SPD-Forderung "Löschen vor Sperren" darstellen. Im Forderungskatalog des SPD-Parteivorstands heißt es: "Das BKA muss bei Seiten mit kinderpornografischem Inhalt verpflichtet werden, zunächst die Dienstanbieter zu kontaktieren, damit die Seiten gelöscht werden."

Das ist in der bisherigen Arbeitsvorlage aber nicht vorgesehen. Danach sollen bei Seiten, die im EU-Ausland gehostet werden, zunächst die zuständigen Behörden informiert werden, nicht aber die Provider. Im außereuropäischen Ausland soll sofort gesperrt werden können. Die Provider sollen laut Gesetzentwurf zwar parallel zur Sperre benachrichtigt werden, aber nur wenn der Hostprovider in Deutschland sitzt, was natürlich die absolute Ausnahme ist. Hintergrund des Streits: Das BKA weigert sich (aus Rücksicht auf die Partnerpolizei im Ausland), direkte Kontakte zu ausländischen Privatfirmen aufzunehmen. Sperrgegner gehen davon aus, dass eine direkte Information der Hostprovider zur schnellen Löschung von Kinderpornoseiten führen und Sperren im deutschen Netz überflüssig machen würde. Gulli.com hat sich sehr intensiv damit beschäftigt.

Zu den Straftaten laut Reuters: "Die Zahl der registrierten Straftaten ist im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen."

Laut SPON:
"Zunehmend beschäftigen auch Stalker die Polizei. Seit April 2007 gibt es einen entsprechenden Straftatbestand. Mehr als 29.000 solcher Nachstellungen wurden verzeichnet. Sexueller Missbrauch von Kindern wurde 2008 seltener registriert: 12.000 verzeichnete Fällen stellten den niedrigsten Wert seit 1993 dar. Die Zahl der Rauschgiftdelikte verringerte sich gleichzeitig um 3,4 Prozent auf knapp 240.000. Auch bei der Wirtschaftskriminalität registrierten die Beamten einen Rückgang (minus 3,8 Prozent, rund 85.000 Fälle)."

Nun gibt es immer einen Unterschied zwischen registrierten, angezeigten und verurteilten Straftaten und die Frage ist, welche Straftatbestände hinter den Statistiken stecken.

Von Fehlfarben und Schwalbe

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