Dienstag, 13. März 2012

Callcenter und W. Schmickler über Arbeitsplätze

Callcenter suchen immer am Stellenmarkt. Sie nennen sich erfolgreiche Spezialisten für Kundenbindung und Callcenterdienstleistungen oder werben mit Telefonverkauf/-marketing für branchenführende Kunden. Sie arbeiten als Subunternehmen für Markenfirmen. Sie nennen sich flexible expandierende und aufsteigende Unternehmen. Was bei ihnen besonders expandiert und flexibel ist, ist die Personalfluktuation.

Bei der Bezahlung und den Arbeitsbedingungen will keiner gerne lange bleiben. Es bewerben sich bevorzugt Alg II-Empfänger, die den Fängen der Jobcenter entfliehen wollen oder arbeitslos werdende Personen oder Personen, bei denen Alg I bald ausläuft. Die richtigen Opfer!

Stigmatisiert durch mediale oder politische Hetzkampagnen wollen sie nicht (mehr) zum "Prekariat", zur vermeintlich "bildungsfernen Unterschicht", zum gesellschaftlichen "Bodensatz" gehören. Solche abwertenden Bezeichnungen können sich auch nur Politiker und sog. Experten ausdenken. Es zeigt, wie sie über Menschen denken, die größtenteils für ihre missliche Lage nicht verantwortlich sind.

Callcenter versprechen ausreichende Schulung und Einarbeitung. Mitnichten! Die Mitarbeiter werden binnen kürzester Zeit ziemlich uninformiert auf die Kundschaft losgelassen. Das merkt man, wenn man in Callcentern anruft. Da muss ich den Kollegen fragen und der fragt die Kollegin usw. ...

Kommen wir zu einer Firma, die mit Inbound wirbt. Inbound ist Kundenbetreuung, Beratung, Annahme und Bearbeitung von Reklamationen. Die Kunden rufen selbst an. Nennen wir die Fa. Dreckdumm. Das ist der Spitzname, den (ehemalige) Mitarbeiter hinter vorgehaltender Hand benutzen.

Die Kundenbetreuung oder -reklamation darf nicht länger als 10 Minuten dauern. Danach sollen sie ins Verkaufsgespräch umschwenken, um Entertain (Telekommuniskationsprodukte) zu verkaufen. Also nix mit rein Inbound. Wenn es sein muss, werden einem Kunden, der kein Internet hat, ein Entertain oder Tarif verkauft, die sie nicht nutzen oder gebrauchen können. Das merken sie meist erst später. Die Vertragslaufzeit steht. Pech gehabt!

Die Mitarbeiter müssen ein Gesprächsprotokoll schreiben. Es darf nicht länger als fünf Minuten dauern. Bei Leuten mit Formulierungs- und/oder Rechtschreibproblemen wird das schwierig. Am PC oder am Telefon befindet sich ein Pausenknopf. Den müssen sie drücken, wenn sie den Arbeitsplatz verlassen. Die Mitarbeiter nennen ihn Pinkelbutton. Wer eine schwache Blase hat, unter Verdauungsproblemen leidet oder einfach nur binnen 8-10 Stunden mehrfach auf die Toilette muss, bekommt Schwierigkeiten. All' das wird von den Gruppenleitern kontrolliert. Dauerbeobachtung.

"Schaffst du vier Entertain am Tag, bekommst du einen Gutschein von Mcdoof. Schaffst du noch ein wenig mehr, gibt es fünf Minuten Pause extra. Schaffst du nicht genug Entertain, bist du ungeeignet", sagen die Gruppenleiter. Das ist ja wie im Kindergarten.

Es ist ein enormer Druck eine bestimmte Anzahl von Verträgen pro Tag abschliessen zu müssen. Die Leute werden unter falschen Bedingungen gelockt. Die Bezahlung ist mau. Es wäre interessant zu wissen, was die Callcenter tatsächlich von den Auftraggebern für die Mitarbeiter bekommen und sich selber davon gönnen. Das ist sicherlich wie bei Zeit- und Leiharbeit. 1/3 oder 1/4 erhalten die Mitarbeiter, der große Rest bleibt beim Callcenter Service.

Bei dieser Fa. sind es 42,5 Std. die Woche, 1.400 € brutto. Überstunden werden kaum bezahlt. Davon kann keiner seine Familie ernähren und wird zum Aufstocker. Kein Wunder, dass die Leute bestrebt sind zu wechseln. Das versuchen sie auch und kommen als Callcenter Agents bei anderen Firmen vom Regen in die Traufe.

Lassen wir den herrlich tobenden W. Schmickler zu Arbeitsplätzen sprechen: Danke Phillip Rösler - Danke Deutschland.



Danke Herr Schmickler für den durchaus wahren Inhalt.

Keine Kommentare: