Dienstag, 1. Februar 2011

Vorurteile gegenüber Duisburg oder den "Pott"

NRW-Innenminister Jäger steht wegen seiner Äußerungen über Duisburg in der Kritik. Er soll gesagt haben man assoziiere mit Duisburg nur Negativbegriffe wie Mafia, Bandidos und Loveparade.

Duisburg ist eine Stadt wie viele andere auch. Sie hat schöne, mittelschöne/-hässliche und schäbige Ecken oder Stadtteile. Die Berichterstattung über Duisburg ist meist negativ. Mit solchen Äußerungen liegt Herr Jäger richtig.

Die italienische, japanische, russische oder "jugoslawische" Mafia gibt es in vielen Städten Deutschlands. Vielleicht morden sie dort geschickter oder woanders? Die Bandidos und ihre Kontrahenten Hells Angels sind in mehreren Städten Deutschlands vertreten. Das Loveparade-Drama hat Ausmaße angenommen, für die man viele Beteiligte verantwortlich machen sollte. Sie stellen sich allerdings nicht ihrer Verantwortung. Dazu aktuell: http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/Polizei-Gewerkschaft-uebt-Kritik-an-neuen-Vorwuerfen-zur-Loveparade-Tragoedie-id4228738.html

Das angeblich so dreckige Ruhrgebiet hat Jahrzehnte mit ihren Arbeitern für die Vergehen der Politik bezahlt und andere am Leben erhalten. Das ist ganz passabel recherchiert: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Ruhrgebiets


Manche Menschen assoziieren mit Duisburg Marxloh, Meiderich oder Bruckhausen. Davon haben sie gelesen oder sind mal durchgefahren. Ja, keine so schönen Stadtteile. Sie glauben, Duisburg sei die Welt von Schimanski. Der am Sonntag gesendete Schimanski-Tatort "Schuld und Sühne", der heiße Themen berührte, wurde teilweise nicht in Duisburg gedreht. Die Figur "Schimanski" gibt den bedingten "rauen Charme" Duisburgs und des Ruhrgebietes wieder. Das ist eben nicht einzig und allein das Tor zum "Pott" oder das Ruhrgebiet. Mit "Schranke" meinte er an der Imbissbude Pommes rot-weiss.

Versuchen Sie es mal mit diesem Interview: http://www.wdr.de/themen/panorama/loveparade_2010/aktuell/interview_karutz.jhtml 
Daraus ein Zitat: "Dieses Revier hat andere Regionen in der Nachkriegszeit am Leben gehalten, das hat sich krumm gemacht für Deutschland. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dieses Geschichtsbewusstsein zu aktivieren, und zwar zukunftsgewandt." 

Bewegen für uns vom Duisburger Norden weg. Nach Neudorf, Wedau mit dem Sportpark, dem Kaiserberg, wo der Duisburger Zoo liegt, Serm, Buchholz, Großenbaum, Bissingheim, dem Innenhafen, dem Naherholungsgebiet Sechs-Seen-Platte, dem Landschaftspark Nord, dem Stadtwald, der nach Mülheim a.d. Ruhr führt. Da grünt es überall so grün...Na ja, im Moment gerade nicht so. Wir sehen wegen des Winters eher weiss.

Sind die World Games 2005 vergessen, die Marathonläufe Rhein-Ruhr, die Inlinerskaterrennen? Und, und, und. Ab Frühjahr kann man sich vor Festen und Ausstellungen in der Innenstadt kaum retten. Stadtfeste, Matjesmarkt, Lack und Chrom, Handwerkermärkte. Die alljährliche Drachenbootregatta im Innenhafen, Ruhrort in "Flammen", das beliebte Hafenfest in Ruhrort, die vielen Aktivitäten der Kanu- und Schwimmvereine, die Regattabahn.

Und ätsch, der MSV zieht ins DFB-Halbfinale gegen Cottbus. Wenn die datt schaffen, singe ich das Zebralied. Bei Herne-West (Schalke) als Gegner hätte ich ja arge Bedenken. Das Ruhrgebiet hat einen Wandel vollzogen. Es ist nicht mehr das graue Industriegebiet der Republik. Fast alle Zechen sind geschlossen worden. Industrieunternehmen sind ins Ausland gezogen. Die Technologie ist auf dem Vormarsch. Manche Leute haben es halt immer noch nicht begriffen und sind in der Vergangenheit stehen geblieben.

Nach der Loveparade macht man sich Gedanken wegen des Sicherheitskonzeptes für den Duisburger Rosenmontagszug, der mittlerweile teilweise länger und prunkvoller ist als in den bekannten Karnevalshochburgen. Davon wollen Kölle, Mäinz und Düssel"doof" nichts wissen. Der Rosenmontagszug zieht von Neudorf bis zum Innenhafen. Es gibt ein paar Polizeiabsperrungen zur Verkehrsregelung. Das ist kein eingezäuntes Gebiet mit nur einem Zugang. Wer nicht mehr teilnehmen oder dazu kommen möchte, kann es ungehindert tun. Es gibt genug Fluchtwege und keine Staustellen. Der Weg des Rosenmontagszuges mit den breiten Straßen und Bürgersteigen wäre der passende für die Floats oder der Mucketrucks gewesen, aber....

Ich bin nicht im Ruhrgebiet geboren. Ich bin mit ihm verwachsen. Mit der direkten, manchmal ungehobelt wirkenden Art, komme ich besser klar, als mit dem verlogenem Vornehmgetue von anderen. Die Sprache habe ich gelernt. Was sie sagen, meinen sie i.d.R. In vielen gebürtigen Ruhrgebietsbewohnern steckt noch die Kumpelmentalität, die aus dem ehemaligem Bergbau resultieren soll. Hat man einen von ihnen zum Freund, hat man einen guten Freund, der bereit ist ziemlich alles für einen zu tun.

Eine häufige Meinung ist, im Ruhrgebiet leben nur Prolls. Watt fürn Ding? Dann sind wir Prolls. Ich behaupte auch nicht alle Schwaben seien geizig und alle Münchner gehören der Schickeria an. Die Vorurteilskette ließe sich beliebig fortsetzen.

Grüße ussem Pott an die Vorurteilsbehafteten und mit meinem genussvollen Blick auf den Kaiserberg und dem nahen Stadtwald verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

P.S. Wir mögen Schimanski :-) Wissen Sie, was "bott" ist?  Nein? Das lernt man im "Pott".

1 Kommentar:

McDope hat gesagt…

Auch wenn ich Dortmunder, und das auch nur zugezogen, bin und noch nie in Duisburg war - geiler Artikel.

Musste mal gesagt werden und trifft wirklich für den ganzen Pott zu. :)