Sonntag, 3. April 2011

Schmickler: Nachdenken oder umdenken?



Selbstverständlich erfolgt nach allen halbwegs bekannt gewordenen Katastrophen die dahin gesagte versprochene bestmöglichste Aufklärung, auf die wir lange warten können. Politiker und Medien besitzen die Fähigkeit Wörter zu steigern für die jeder Deutschlehrer seine Schüler rügen würde. Man könnte es den Superlativismus nennen.

Wir haben hervorragende Kabarettisten. Man sollte ihre Worte ernst nehmen. Ich "liebe" ja besonders "zeitnah". Watt iss datt denn? Kommste heute nicht, kommste morgen?!

Sie kennen sicher: Das ist Polemik, Populismus, Polarisierung. Meine drei "Lieblingswörter" mit "P". Die Begründung, die Erklärung, der Bezug bleibt meist aus, aber Hauptsache ich habe was gesagt und den anderen damit mundtot gemacht. Fragen Sie die Wörterbenutzer, was es bedeutet. Schließen Sie eine Wette ab. Sie werden gewinnen, aber nur, wenn Sie die komplette Wörterbedeutung kennen. Hören Sie sich an, was die anderen zu sagen haben und dann spielen Sie das Fremdwörterlexikon mit allen Facetten. Es ist lustig, die Kinnladen nach unten fallen zu sehen. Wenn die gar nicht mehr klar kommen, sind Sie "links", "rechts" oder antihassenichtgesehen.

Sie kennen das Wort "naiv". Es hat mindestens 10 Bedeutungen. Man setzt es vorzugsweise ein für kindlich. Wörter können Waffen und ein Manipulationsmittel sein. Ich habe mir angewöhnt  Wortbedeutungen zu hinterfragen. Das sind meine Kinder "schuld". Irgendeiner muss es in unserer Gesellschaft "schuld" gewesen sein. Sie haben das Lied der Sesamstraße beherzigt. Der die das, wer wie was, wieso weshalb warum, wer nicht fragt bleibt dumm. Sie haben mich und andere mit ihren Fragen oft in Erklärungsnöte gebracht. Es gibt Leute, die reden sich heraus und lullen herum. Wenn ich etwas nicht erklären kann, gebe ich es zu und wir schauen gemeinsam, wo die Erklärung zu finden ist. Kinder sind die besten Hinterfrager. Lassen wir sie fragen und geben wir ihnen Antworten. Sie verstummen zu lassen, sie auflaufen zu lassen wäre ein Fehler.

Die Ursprungsbedeutung der Wörter, der Werdegang im Laufe der Zeit und die Umdeutungen sind aufschlussreich. Ist Ihnen aufgefallen, was man neuerdings "historisch" nennt? Es ist gerade gegenwärtig passiert und schon historisch, obwohl es da um Geschichte und Vergangenheit geht. Na dann....Das haben wir uns so angedacht. Wer "angedacht" sagt, den kann ich nicht ernst nehmen. Angedacht ist nicht zu Ende gedacht. Wobei wir wieder bei nachdenken und umdenken wären. Umdenken kann man, wenn man vorher nachgedacht hat. Denken alleine reicht nicht, wenn man nicht bereit ist, seine Worte wahr zu machen.

Standardspruch meiner Mutter: "Wo Worte nichts nützen, müssen Taten her." Und dann konnte es ungemütlich werden. Das Endergebnis war eine Situationsverbesserung. Ihre unkonventionellen Methoden zeigten Wirkung. "Du hast den Müll nicht mitgenommen, obwohl ich dir das gesagt habe." Zack, landete der Müll vor dem eigenen Bett. Mein damals lernresistenter Bruder hatte ihn mal im Bett. Nur mal so als Beispiel. Das bedeutete Müllentfernung. Zimmer putzen. Bett beziehen. Wäsche waschen. Nein, die Bettwäsche kam nicht in die Waschmaschine. Er musste sie mit der Hand waschen. Den Müll in der Mülltonne zu entsorgen wäre schneller gegangen und glimpflicher gewesen.

Aber die "Olle", die mich versorgt, arbeitet, mir ein Heim gibt, sich den Pöppes für mich aufreißt, mir eine Existenz gegeben hat und für mich da ist, kann mich ja mal. Den Zahn hat sie schnell gezogen. Sie kennen bestimmt die Leute, die von Solidarität reden oder schreiben. Wir sind alle Menschen. Alle eine Gemeinschaft. Wir müssen uns zuhören, aufeinander eingehen. Leben diese Menschen, was sie sagen? Im Zweifelsfall nein. Wenn es ihnen zu kompliziert, problematisch und/oder zeitaufwändig wird, ziehen sie den Schwanz ein.

Mir sind handelnde Menschen lieber. Da weiß ich, was ich habe. Sie sind selten. Es gibt sie noch.

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