Mittwoch, 3. Dezember 2008

Man spricht Deutsch

Deutsch soll als Landessprache ins Grundgesetz aufgenommen werden? Welche Sprache sprechen und schreiben wir? Hinterbodolisch? Welches Deutsch bevorzugen wir dann? Die deutsche Sprache ist sehr vielfältig.
Das Juristendeutsch verstehen per se nur die Juristen. Wo kämen wir auch hin, wenn es der Normalbürger verstünde? Wir wollen schließlich keine arbeitslosen Juristen und Steuerberater. Wir wollen nicht, dass unzählige Autoren, die sich mit der Übersetzung und der Auslegbarkeit der Paragraphen beschäftigen, auf ihr Geld verzichten müssen.

Wir wollen keinesfalls auf unser Amtsdeutsch verzichten. Diese Wortschöpfungen und -konstrukte sind ein Zeichen für eine schier unerschöpfliche Fantasie der Staatsdiener. Die BürgerInnen müssen es nicht verstehen. Beamte sind Staatsdiener und keine Bürgerdiener. Es gibt (ehrenamtliche) Personen und Beratungsstellen, die bei der Übersetzung helfen und denen die Behörden ihr Betätigungsfeld nicht nehmen wollen. Sie müssen eine sehr soziale Ader haben. Könnte sich jemand der Leistungsbezieher erbarmen und endlich eine Amtsdeutschübersetzungshilfe schreiben und veröffentlichen? Das wird bestimmt ein Bestseller.

Die Expertensprache ist ein Kapitel für sich. Diese Damen und Herren müssen Fremdwörter mit der Muttermilch aufgesogen haben. Wer sich die Mühe macht, solche Texte komplett zu übersetzen, wird feststellen, wie viel heiße Luft dahinter steckt, aber Hauptsache, der Text klingt oberschlau oder die Relevanz der Texte ist exemplarisch. Man muss sich schließlich wichtig machen und von dem 'ungebildeten' Volk abheben. Ich kann es auch so ausdrücken: da donnt eener so, als hätt dä ne Ahnung vonne Teschnik, von dä dä nix verstonnt.

Die Stellenmarktsprache nimmt die schlimmsten Auswüchse der Anglisierung oder Amerikanisierung der deutschen Sprache an. Das Wort 'Verkaufsleiter' ist gestorben und feierlich begraben worden. Das heißt schon lange 'Sales Manager'. Kontrolleure werden nicht mehr gesucht, sondern Controller. Der Versicherungsvertreter wird zum Sales Partner und soll Cross Selling betreiben. Wer mit dem Verkaufen zu tun hat, wird von einem Sales Trainer trainiert. Wer Geschäftsberichte bearbeiten soll, ist für das Reporting zuständig. Wer bei Team Player an Sport denkt, hat sich geirrt. Für die Bestandskundenbetreuung telefonieren Call Agents, die den Kunden Produkte verkaufen sollen, die sie eh nicht brauchen. Das sind noch die harmlosen Varianten.

Die Computersprache bietet seltsame Wortschöpfungen. Es wird gesurft, gedownloaded, upgeloaded, gechattet, gebackuped, upgedated, gemailt.

Die Werbesprache leidet unter dem Bindestrich- und Apostrophkoller. Sie haben längst ihre eigene Rechtschreibung und Grammatik eingeführt. Das soll bestimmt die Originalität dieser Branche bekunden. Verona Pooths 'da werden sie gehelft' ist im deutschen Duden aufgenommen worden. Ohne Werbung wüßten wir nicht, dass Geiz geil ist.

Täglich liest man in der Presse und im Internet Worte, die es gar nicht gibt, die falsch eingesetzt werden oder nur in ihrer negativen Form benutzt werden. Umstürzler, Unterschichtler, Populisten (das Wort Populismus darf nicht alleine stehen; da muss rechts oder links vor) Polemik, zumindestens, negativst, positivst, das Einzigste, Euros, Visas, es macht Sinn, die Iraki, die Pakistani, Hausbesetzler, Rechtshändler, usw. Aus Zyprioten macht man vielleicht demnächst noch Zypressen. B... sprach zuerst mit dem Toten. Wir sind Papst. Die Worte Debatten, Kontroversen und Auseinandersetzungen mag die Presse nicht. Sie werden ersetzt durch Krieg oder Streit.

Obwohl die Presse ausführlich über die letzte deutsche Rechtsschreibreform berichtete, ist der Kelch des Beschlusses an vielen Zeitungen vorüber gegangen. Sie schreiben teilweise nach der alten Rechtsschreibreform und begehen sträfliche Genitivvernachlässigungen. Sie benutzen Steigerungsformen, die nicht existieren (siehe das Einzigste, zumindestens, optimalst) und zusätzliche Plurale für Plurale (siehe Visas und Euros) .

Welches Schweinderl hätte die Politik gerne? Sie werden hoffentlich nicht auf Politikersprache bestehen. In dem Fall müssen wir alle lernen mit viel Worten wenig zu sagen und das Wort 'Versprechen' neu definieren. Als Erklärung des Wortes Versprechen schlagen wir K. Adenauers Satz vor: 'Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.' Bei der Verbreitung von sprachlichen Fehlern, können Politiker problemlos mit den Medien konkurrieren. Der jüngste Fehler stammt von Frau Merkel: inflationieren. So wird das nie was mit der PISA-Studie. Im erweiterten Sinne könnte man ihnen allen wegen Schülerirritation eine Mitschuld an den Ergebnissen der PISA-Studien geben.Vorbildfunktion!

Mich würde interessieren, ob die ganzen 'Pakete', die gerade großzügig verteilt werden, mit einem hübschen schwarz-rot-goldenem Schleifchen überreicht wurden. H. Schmidt würde möglicherweise dazu sagen: 'Das tangiert mich extrem peripher.' Es hört sich besser an als: 'Das ist mir sch.....egal.' Vielleicht haben sie sich für lila entschieden. Lila, der letzte Versuch. Für die Ignoranten der korrekten Benutzung der deutschen Sprache beantragen wir ein Dudenhilfspaket.

Die deutschen Mundarten oder Dialekte sind vielschichtig. In manchen Regionen fragt man sich, was gesprochen wird und man kommt sich vor wie ein Ausländer unter den eigenen Landsleuten, weil man bei stark ausgeprägten Dialekten kaum ein Wort verstehen kann, aber Migranten und Ausländer haben gefälligst 'anständig' Deutsch zu sprechen. Wenn man die extremen Dialektsprecher bittet, etwas hochdeutsch zu sprechen, schaffen sie das höchstens einen Satz lang.

Bei den Sprachvarianten in Raume NRW komme ich ja noch mit. Versucht man zu verstehen, wenn sich Norddeutsche unterhalten, Hessen bebbeln, Schwaben schwäbeln, Sachsen sächseln, Bayern bayerisch sprechen, ist man aufgeschmissen. Ich werde deutlicher und wähle die höllische Kombination aus rheinisch und ruhrpottlerisch. Dann können sie mich nicht verstehen. Das kann Verständigungswunder bewirken. Irgendwie muss man sich wehren. Mundart sollte wegen ihrer Originalität unbedingt erhalten bleiben. Es ist allerdings unhöflich, wenn 'Einheimische' auf einen 'Auswärtigen' keine Rücksicht nehmen.

Wenn man es genau nimmt, müsste man das Wort 'Deutsch' aus der deutschen Sprache verbannen. Es stammt vom italienischen Wort 'tedesci' ab und wurde eingedeutscht. Das sehen wir nicht so eng. Wir wollen es uns nicht mit den Italienern verderben und weiter ihre Pizzas, Spaghettis und Gnocchis genießen. Vielleicht ist diese Meldung auch nur ein Gerüchti und ich vertilge nun meine Brötchis.

Sehr amüsant darüber ausgelassen hat sich der Zwiebelfisch. Man beachte die abgebildeten Fotos:
http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,594125,00.html
Auf die Frage von Herrn Sick, was er statt Toaster verwenden soll: Röster oder Brotröstgerät.

© 2008 Copyright Kinder-Alarm Schwalbe 3.12. 2008

P.S. Blogger machen keine Fehler. Bei uns ist der PC schuld ;-)

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