Seit Monaten diskutiert man über die Erhöhung des Rentenalters auf 67, 69 oder 70 Jahre. Fakt ist, um die volle Rente zu beziehen, müssen die Jahrgänge ab 1964 künftig bis 67 Jahre arbeiten.
Haben sich die diskutierenden Sesselpupser Gedanken gemacht, was das für manche Berufsgruppen bedeutet? Die akademischen Berufe lassen wir außen vor, weil das meist eine sitzende und körperlich weniger anstrengende Tätigkeit ist.
Alten- und Krankenpfleger bekommen nach Jahren Rückenprobleme, weil sie die Pflegepersonen und Kranken zum waschen anheben oder aus dem Bett hieven müssen, um das Bett überziehen zu können.
Die Handwerksberufe sind alle mit körperlicher Anstrengung verbunden. Ich kenne einen 48jährigen Schreinermeister, der mit 14 Jahren seine Lehre begann. Nach 34 Jahren im Beruf braucht er eine neue Hüfte. Der Schreiner- oder Tischlerberuf ist mit viel schleppen verbunden. Türzargen und -blätter, Holz und Holzplatten als Untergrund für Bodenbeläge müssen getragen werden. Nicht jedes Wohnhaus, in dem sie arbeiten, hat einen Aufzug. Ihr Arbeitsmaterial müssen sie die ein oder andere Etage nach oben schleppen. Das sind ordentliche Gewichte.
Bei uns im Haus werden seit Wochen zwei Wohnungen rundum erneuert. Komplettsarnierung. Die Wohnungen werden in einen Rohbau versetzt. Die schlimmste Drecks- und Knochenarbeit haben die Arbeiter der Abrissfirmen. Heizkörper und Sanitäranlagen werden entfernt, Kacheln abgeschlagen, der Putz wird bis aufs Gemäuer entfernt, die alten Decken werden bis auf den tragenenden Untergrund entfernt. Teilweise sind die Zwischenwände eingerissen worden, weil sie alt und bröckelig sind. Die Männer arbeiten bei den winterlichen Temperaturen in eiskalten Wohnungen. Sie tragen Pudelmützen, dicke Handschuhe, Pullover und Stiefel. Neben der Kälte und der körperlichen Anstrengung sind sie dem Lärm, dem Staub und dem Dreck ausgesetzt.
Bei den Abrissarbeiten hatten sie die Fenster geöffnet, sonst bekommen sie ja kaum Luft. Das hat so gestaubt und gequalmt, dass die Nachbarn die Feuerwehr gerufen haben, weil sie gedacht haben es brennt. Den ganzen Schutt haben sie aus den verschiedenen Räumen mit Schaufeln in Schubkarren und zur Straßenseite durch eine Röhre in einen Container geladen. Bei einer Wohnung waren Röhre und Container erst Tage später gekommen. Die Männer haben die abgeschlagenen Steine und den Schutt in Eimern nach unten tragen müssen.
Maurer, Fliesenleger, Bodenleger, Heizungmonteure, Maler, Schreiner, Gas- und Wasserinstallateure, Klempner etc. sitzen nicht auf dem bequemen Stuhl und schauckeln sich ..., na Sie wissen schon. Sie arbeiten stehend, bückend, kniend, schleppend. Was sie einatmen müssen, kann teilweise nicht gesund sein. Unterhalten Sie sich mit ihnen über die Erhöhung des Rentenalters. Nach etlichen Jahren in diesen Berufen bekommen sie Rücken-, Hüft-, Knie- oder Gelenkprobleme.
Es gibt den ein oder anderen gnädigen Politikermenschen, der das einsieht. Man könnte sie ja noch im Verkauf einsetzen. Verkäufer arbeiten hauptsächlich stehend. Man könnte sie für eine Computertätigkeit einsetzen. Man kann ihnen aber einfach ihren verdienten Ruhestand gönnen. Da unsere Politiker zumindest verbal angeblich so um das Wohl der Kinder bedacht sind: Oma und Opa sind für Kinder wichtige Bezugspersonen. Von halb zu Tode geschufteten Großeltern haben sie nichts.
Von der Lehre bis zum derzeitigen Rentenalter haben sie ca. 45 Jahre oder mehr eingezahlt und Knochenarbeit geleistet. Als ich meine letzte Steuerklärung beim Finanzamt abgegeben habe, musste ich mir das Grinsen sehr verkneifen. Meine Finanztante, ich schätze sie auf Mitte 30, stöhnte wegen ihres Rückens. Sie bräuchte dringend mal wieder ein paar Massagen. Eine ständig sitzende Tätigkeit kann den Rücken auch sehr belasten. Im Büro oder in einer Behörde kann man zwischendurch ein paar Entspannungsübungen machen oder sich die Beine vertreten.
Mit den Handwerkern habe ich mich über die Erhöhung des Rentenalters unterhalten. Einer sagte: "Ich hätte Lust die über einen Bau zu scheuchen". Das war noch eine der milden Antworten.
Wie sollen die Rentenkassen voll werden, wenn unsere Politiker 1-Eurojobs, Geringverdienertätigkeiten, "gemeinnützige" Arbeit und schlecht bezahlte Zeit- und Leiharbeit fördern bzw. die Problematik aussitzen? Der Niedriglohnsektor boomt seit Jahrzehnten. Deshalb hat man die Gastarbeiter geholt. Wenn wir in den Sechziger Jahren beginnen und die Entwicklung und die Politik genau verfolgen, wird es durchschaubar. Es gipfelte in Hartz IV und in sog. prekärer Arbeit. Die Arbeitsverhältnisse wurden flexibel und unsicherer. Der Kündigungsschutz wurde gelockert. Das hat Folgen für das Einkommen, die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die Gestaltung der Arbeitszeit.
Und was munkelt man über Sachsen? Der Landtag plant eine neue Politikerrente ab 62. Abgeordnete bekommen ihre Rente oder Pension ohne, dass sie selber etwas eingezahlt haben zzgl. des Geldes aus Nebentätigkeiten.
1 Kommentar:
Tja, was soll man sich da wundern, dass die Politiker angeblich nicht sehen, was sie tun?
Nein, sie wissen es genau. Seit Jahren werden wir, das Volk, zur Ausbeutung zugerichtet.
Eine Sorge der Kapitalisten war immer die "Rentenschwemme", wenn die "Babyboomer" in Rente gehen. Denn niemand will ihre Renten bezahlen. Vor allem nicht die Kapitalisten, die dafür auf Profit verzichten müssten – sei es durch Besteuerung ihrer Einkünfte, um die Renten auf eine breitere Basis zu stellen, oder durch höhere Bruttolöhne, wovon die Arbeiterschaft die Renten finanzieren könnte.
Aber nein, hier herrscht Dumpingland. Und wenn die Jungen schon keine Arbeit mehr kriegen, von der sie leben können, wer soll dann die Renten bezahlen? Die Kapitalisten? Höhö! Nein, die Lösung liegt in der Reduktion der Rentenkosten.
Also muss man die Babyboomer ausbremsen. Dies wird einerseits durch die Erhöhung des Rentenalters erzielt, denn nur wenige werden so lange arbeiten. Sie werden vorher arbeitslos, landen in H4 und werden dann von H4 in die Rente weitergereicht, die dann auch nicht höher ausfällt (wir wissen, die Rente bezieht sich auf das letzte Gehalt).
Andere werden infolge der Arbeitsbelastung früh versterben und damit die Renten entlasten.
Sterben und Leiden lernen heißt es. Zum Wohle des deutschen Exports und des Profits!
Es wird besonders die mies bezahlten Lohngruppen mit den anstrengenden Tätigkeiten treffen. Die Reichen mit den angenehmeren Berufen können sich ihre Rente selbst finanzieren – oder auf eigene Kosten früher in Ruhestand gehen. Wer das nicht kann, soll auch nicht mehr leben. Die Armen sterben dann Krankheiten, die unsere Eltern noch von der Kasse geheilt bekamen. Auch sollte man sich beizeiten ein Gebiss schnitzen. Es ist fraglich, ob wir das noch bekommen werden (in England laufen schon heute viele Leute ohne Zähne herum).
So ist der Plan. Deutschland war schon sehr erfolgreich. Die Lebenserwartung hierzulande ist im europäischen Vergleich erheblich schlechter, besonders unter den Armen. Den Rest erledigen Krankenhausinfektionen, gegen die hier auch zu wenig unternommen wird.
Das ist Absicht. Anders kann ich mir dieses Vorgehen nicht erklären.
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