Sonntag, 9. Januar 2011

Wahlen in 2011; wählen oder nicht?

2011 wird in neun Bundesländern gewählt: Landtag, Bürgerschaft und Abgeordnetenhaus. Am 20. Februar ist Bürgerschaftswahl in Hamburg. Am 20. März sind Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, am 27. März in Baden-Württemberg, am 27. März in Rheinland-Pfalz und am 4. September in Mecklenburg-Vorpommern. Hessen wählt am 27. März die Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Gemeindevertretungen und Ortsbeiräte. Niedersachsen wählt am 11. September Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte, Stadtbezirks- und Ortsräte und die Regionsversammlung in Hannover. Am 22.Mai ist Bürgerschaftswahl in Bremen. Berlin wählt am 18. September ein neues Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen.

Der Landtagswahl in Ba-Wü wird man wegen Stuttgart21 und der Ereignisse um die Proteste sicherlich die meiste Beachtung schenken.

Viele Bürger sind wahlverdrossen, was nicht verwunderlich ist. Sie glauben, sie können mit ihrer Stimme nichts ändern. "Die machen sowieso, was sie wollen". Nein, das machen sie eben nicht. Sie machen das, was Unternehmen und Lobbyisten von ihnen erwarten. Beispiele: Für Hoteliers wurde die MWST gesenkt, nach einer fürstlichen Parteispende an die FDP. In einer "Nacht- und Nebelaktion" wurden die AKW-Laufzeiten verlängert. Die geplante Atomsteuer (Brennelementesteuer) kann voraussichtlich im Januar 2011 in Kraft treten. Das dürfte die AKW-Betreiber wenig bekümmern. Die Zeche zahlt durch Strompreiserhöhungen der Endverbraucher.

Krasser Gegensatz zu diesen schnellen Entscheidungen: über Monate hinweg werden Beratungen geführt über die Erhöhung des ALG II. Fünf Euro pro Erwachsenen sind das Ergebnis. Die "Opposition" stellt das Ergebnis in Frage, also gibt es für die Erwerbslosen zunächst nicht mehr Geld. Wieselflink werden Abgeordnete bei Diätenerhöhungen. In dem Fall gibt es keine große Diskussion, falls es überhaupt eine gibt, was ich bezweifele.

Beliebt ist das Sprüchlein: wenn Wahlen etwas bewirken würden, wären sie längst verboten.
Lesen Sie bitte hier, was eine Stimmenthaltung und was eine ungültige Stimme bewirken. Stichpunkte: "Eine Stimmenthaltung und die Abgabe einer ungültigen Stimme haben beide den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis – nämlich keinen."

"Auch wenn immer gesagt wird, wer nicht wähle, wähle extrem – von der Nichtwahl profitieren rechnerisch gesehen alle Parteien, die man nicht gewählt hätte, und zwar proportional zu ihrem Stimmenanteil."

"Für jede Stimme erhalten die Parteien Geld. Die Wahlkampfkostenerstattung ist ein Teil der staatlichen Parteienfinanzierung. ...Wer sowohl den etablierten als auch den extremen Parteien Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung entziehen will, kann dies durch die Wahl einer gemäßigten Kleinstpartei bewirken."

Bei der Landtagswahl in NRW in 2010 ist mir als Wahlhelferin aufgefallen, dass viele Menschen umdenken. Sie sind verärgert über die Politiker und schimpften teilweise wie die Rohrspatzen. Ältere Menschen, die eher konservativ wählen, sagten: "Wir haben jahrelang die falsche Partei gewählt. Wie konnten wir nur. Hoffentlich haben wir diesmal besser gewählt."

Überlegen Sie sich, ob Sie unliebsamen Parteien durch mangelnde Wahlbeteiligung Ihre Steuergelder gönnen.

Manche glauben, erst wenn eine Wahlbeteiligung unter 50% läge, kämen die Polithanseln ins Nachdenken. Es würde für sie umso lächerlicher, je geringer die Wahlbeteiligung sei. Das Volk könne so deutlich seine Missachtung gegenüber der Politik zum Ausdruck bringen.

Die gemäßigten Kleinparteien hätten erst dann eine Chance, wenn die "grossen"Parteien durch ein ausserordentlich niedriges Wahlergebnis eins auf die Nase bekämen. Die Kleinparteien haben auch dann eine Chance mitzureden, wenn sie gewählt würden. Dazu muss man den Mut zu Veränderungen und etwas Neuem, Anderem haben. Da die meisten Menschen Gewohnheitsmenschen sind und Angst vor Veränderungen haben, gestaltet sich es als schwierig.

Das der Wahlkampf schon längst begonnen hat, erkennt man an dem Skandal um dioxinverseuchte Eier und Fleisch. Seit Monaten hat die Politik davon gewusst, aber geschwiegen. Auf einmal kann Frau Aigner ihre Stimme erheben und den Eindruck erwecken, man würde etwas dagegen unternehmen.

"Die Linke" wird verrissen wegen der umstrittenen Äußerung von Frau Lötzsch. Wenn die Leute richtig lesen oder zuhören könnten, wüssten sie, was die Frau wirklich meinte. Man argumentiert mit der "kommunistischen" Vergangenheit der DDR. Die DDR war nie kommunistisch, sondern sozialistisch. Man gräbt den angeblich praktizierten Kommunismus als Schreckensgespenst aus. Die Stasi wird mal wieder hervorgekramt. Wenn die Stasi die technischen Überwachungsöglichkeiten gehabt hätte, die wir heute in einer "Demokratie" haben, hätten sie sich die Hände gerieben. Jetzt zeige mir bitte jemand ein Land, dass den wahren Ursprungsvorstellungen des Kommunismus gefolgt ist. Ich kenne keins. Das waren Fehlinterpretationen des Kommunismus. Es ist eine Ideologie. Die Frage ist, was man aus Ideologien macht.

Was Frau Lötzsch geäußert hätte, sind eher Thesen. Kann man aus der Vergangenheit und Gegenwart Lehren für die Zukunft ziehen? Mit keinem Wort wird erwähnt, dass "Die Linke" den Kommunismus als Staatsform anstrebt. Das stammt von ihr: "Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung."

Aus "Mut zur Provokation": "Wenn Lötzsch von „Wegen zum Kommunismus“ spricht, dann ist dies als Methaper zu verstehen, für die notwendige Sehnsucht nach dem Visonären und Utopischen, also das, was das Lebendige in der Politik überhaupt erst ausmacht. Ohne Visionen, ohne den Mut zur Utopie, schaufeln sich Politik und Gesellschaft ihr eigenes Grab. Und fast alle etablierten Parteien sind – wie die inhaltliche und politische Perspektivlosigkeit der letzten drei Regierungskoalitionen im Bund beweist – bereits kräftig am Schaufeln."

1 Kommentar:

lupo cattivo hat gesagt…

Nur durch Abgabe einer UNGÜLTIGEN Stimme erklärt man,
dass man das "demokratische System nach westlichem Muster" insgesamt ablehnt und jegliche Aktion der Regierenden persönlich nicht legitimiert. Ungültige Stimmen müssen zu den abgegebenen Stimmen gerechnet werden und durch viele ungültige Stimmen wird der %-Satz jeder Partei aus dem Finanzierungstopf kleiner -im Gegensatz zur Nicht-Wahl.
Schon mit der Abgabe der Stimme für eine Partei hingegen legitimiert man das System an sich und das ist grundfalsch.