Mittwoch, 4. Februar 2009

Das Brechen eines Tabus?

oder das Posttraumatische Belastungssyndrom (PTBS), welches man auch das Posttraumatische Horrorszenario nennen könnte.
Vor Monaten berichtete u.a. der SPON über die US-Kriegsheimkehrer aus Afghanistan und dem Irak. Viele der US-Veteranen wählen den Freitod oder flüchten sich in Alkokol oder Drogen. Wenige von ihnen schaffen den Weg zurück in ein normales Leben oder es ist ein sehr langwieriger Prozess. Es mangelt an Hilfe in USA, an Verständnis des Umfeldes und daran, dass die Männer sich nicht öffnen wollen oder können. Noch unter Bush bekamen sie als Dankeschön für ihren Einsatz und der Verteidigung der amerikanischen 'Freiheit' die Veteranenbezüge gekürzt.

Am Montagabend hat ARD mit dem Film 'Willkommen zuhause' ein Tabu in Deutschland gebrochen und seitdem können die Medien über dieses totgeschwiegene Thema berichten. Er handelt von deutschen BW-Soldaten, die aus Afghanistan heimkehren. Familie, Partnerin und Freunde sind glücklich über den äußerlich unversehrten Ben. Sie glauben, dass das Leben nun so weitergeht wie vor dem Einsatz und machen sich keine Gedanken, dass er sich durch das Erlebte verändert haben könnte. Sie stellen Fragen wie: "Wie war das Essen?"

Ben selber verdrängt das Thema. Er reagiert empfindlich auf Feuer, Rauch und das Geräusch von zersplitterterndem und zerberstendem Glas. Das führt immer mehr zu Überreaktionen von ihm. Die Einzige, die sein Problem ahnt, ist seine Nachbarin (Ärztin), die ihm professionelle Hilfe vorschlägt. Er lehnt sie ab und will mit der 'Seelenklempnerei' nichts zu tun haben. Es muss viel geschehen, bis er bereit ist, Hilfe in der Psychatrie eines BW-Krankenhauses anzunehmen. Der Psychater lockt seine Erlebnisse und die Gründe, die seine heftigen Reaktionen hervorrufen, bedingt durch einen Anschlag, aus ihm heraus. In seinen Armen ist sein schwer verletzter und verstümmelter Freund und Kamerad gestorben. Er fühlt sich schuldig. Er sieht viel Blut, schreiende, verzweifelte, verletzte Menschen, Tote, abgetrennte Gliedmaßen und läuft davon.

In Rückblenden werden Szenen aus Afghanistan gezeigt und mit seinen Erzählungen untermauert. Er hatte sich -und wahrscheinlich viele seiner Kameraden- das ganze Ausmaß der Zerstörung, des Zustandes des Landes und der Lebensbedingungen der Menschen
nicht so extrem vorgestellt. Seine Absicht war in der Tat Aufbau- und Humanhilfe zu leisten. Er schildert, dass gerade die afghanischen Kinder sich besonders über jede Kleinigkeit freuten, die sie an sie verteilten. Kinder, die kaum was zu essen haben, ihre Angehörigen verloren haben, auf zerstörten Straßen spielen und sich sogar über eine Plastiktüte als Spielzeug freuen, wenn sie nicht zufällig auf eine der 'vergessenen' Landminen stoßen. Zum Schluss resümiert er, dass es in Wahrheit keine humanitäre Hilfe sei, sondern ein Krieg, den Soldaten in einem Interview eher als Kampf bezeichnen. Ein Kampf ist immer eine Form von Krieg oder?

Wenn ich nun unsere Politiker und sonstige 'Experten' darüber reden höre, geht mir selbstredend die Hutschnur hoch. Es wird so getan, als ob es ein extremer Einzelfall sei. Was glauben sie eigentlich, dass es eine Kaffeefahrt, ein netter Wochenendausflug oder ein Urlaub sei? Die genannten Zahlen der Betroffenen dürften nicht korrekt sein, sondern man kann von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, denn viele Männer reden nicht gerne über Gefühle und gestehen sich höchst ungern 'Schwächen' ein. Liebe Soldaten, dass euch eure Erlebnisse nahe gehen, ist keine Schwäche, sondern zeigt, dass ihr keine ferngesteuerten gefühlskalten Roboter seid. Das überlassen wir anderen Herrschaften, die das Metier für sich gepachtet haben.

Nach dem Film wurde ein Chat angeboten, der sofort von Soldaten und Angehörigen frequentiert wurde. Demnächst soll ein Skript des Chats veröffentlicht werden. Man kann Soldaten und Angehörigen nur raten, angebotene Hilfe anzunehmen und sich ihrer Gefühle und ihrer Probleme nicht zu schämen. Brecht das Tabu weiter auf und geht an die Öffentlichkeit.

Hier gibt es dazu Lesematerial:
http://www.swr.de/kultur/film/willkommen-zuhause/-/id=3240/nid=3240/did=4417128/lwtnaw/index.html

"Kaum lief am 02.02.2009 gegen 21:45 Uhr der Abspann des Films „Wilkommen zuhause“ auf der ARD und die Teilnehmer trafen sich im Chat. Innerhalb von wenigen Minuten hatten sich fast 100 Chat-Teilnehmer versammelt....
Die genauen Zahlen sind noch nicht ausgewertet. Es waren mindestens 160 geschätzte Teilnehmer eine Stunde lang im Chat. Der überwiegende Teil waren Angehörige von Soldaten, aktive Soldaten, Reservisten und Betroffene, die nach ihrem Einsatz an traumatische Erlebnissen leiden und darüber berichtet haben.....
Positiv hervorgehoben wurde von den Chat-Teilnehmern, dass die Arbeit und die Belastungen der Soldaten in Auslandseinsätzen in dem Film „Willkommen zuhause“ sehr realitätsnah einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wurden."
Aus und mehr:
http://www.angriff-auf-die-seele.de/ptbs/allgemeines/105-erster-chat-grosse-resonanz.html

Man kann nicht pauschal beurteilen, welche Erfahrung auf wen wie wirkt. Frühstens nach der Berlin-Rede von Obama und spätestens seit dem Gespräch von Steinmeier mit Mrs. Clinton, sollte auch dem verschlafensten Murmeltier klar sein, was man von D erwartet: mehr Einsatz in Afghanistan. Das wird den BW-Psychatern einen sicheren Arbeitsplatz bescheren und die Leichensäcke bleiben hoffentlich leer. Manche Erlebnisse fressen die Seele auf.

Man könnte sich allerdings auch die Frage stellen, worauf sollen wir vorbereitet werden mit so einem Film, den man ja nicht von heute auf morgen dreht und der exakt zum rechten Zeitpunkt kommt? Gebt her eure Söhne, Freunde, Partner wir kümmern uns schon um sie, wenn sie geschädigt sind? Der Bastel- und Reparationskitt steht parat?

Die Kritik von jungewelt.de zum Film
http://www.jungewelt.de/2009/02-04/033.php
zu der sich jeder sein Bild machen möge.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

aha...nun gut...es ist natürlich kein schönes thema, doch letztlich kann man nur sagen: selbst schuld. denn eines ist mal klar. der einsatz dort von der bw ist ganz klar verfassungswidrig. das gg sagt klar und deutlich aus, wozu die bw dient. nicht mehr nicht weniger. würden sich die mnenschen dafür einsetzen, dass die soldaten erst gar nicht losgechickt würden, dann hätten wir so ein dilemma erst gar nicht. denn die politnutten welche diese menschen in kriege schicken gehören in den knast. aber nun gut, es gehört ja heute zum guten ton nur an den sympthomen zu doktern anstatt die wurzel des übels zu packen. und ja, auch ich war soladat, doch meinen auftrag hatte ich immer verstanden. denn der ist klar und deutlich im gg verankert. man muss nur lesen können. ach so....wie es um unser land bestellt ist, sieht man ja auch an ihre so hoch gepriesene anzahl der chat-teilnehmer....soso...100 also...oder von mir aus auch 200......merken sie was??

Schwalbe hat gesagt…

Hallo kwon,
natürlich ist der Einsatz verfassungswidrig und zur Aufklärung sollten auch Betroffene beitragen. Wir sind dabei uns einzusetzen.
Ich habe den Chat nicht hochgepriesen. Ich habe darauf hingewiesen. Wie viel Menschen sollen sich denn in einer Stunde äußern können? Das müsste eine 24-Stunden-Erreichbarkeit sein. Was glauben Sie, was dann los wäre? Wenn Sie sich 'auskotzen' möchten, nur zu. Ich nehme das gerne in den Blog auf.
Liebe Grüße, in der Hoffnung, dass alle Betroffenen richtig meckern werden

Schwalbe hat gesagt…

Was vergessen: Schuld ist man aber nicht an einem Anschlag oder?

Anonym hat gesagt…

Verheizt

@ kwon

"selbst schuld. denn eines ist mal klar. der einsatz dort von der bw ist ganz klar verfassungswidrig."

Das scheint mir etwas zu simpel.
Selbst schuld gilt dann, wenn man intellektuell überhaupt in der Lage ist die Entscheidung zu bewerten, bei manchen wäre ich mir nicht so sicher. Abgesehen davon ist die Indoktrination in der Truppe auf ganz anderem Niveau, als vor 10 oder 20 Jahren. Dazu kommen auch die materielle Faktoren, siehe z.B. die Zwangsrekrutiereung der Hartz IV als Spitzel . Und wie haben nicht mal die chemische Mittel erwäht, die verabreicht werden.

Auch mit verfassungswidrig stimmt nicht so ganz, die Hofjuristen liessen da einen Spielraum. Ich werde gegen diese Opfer den Stein nicht werfen. Mit Schuldzuweisung kommen wir nicht weiter.

Die unsere haben wir schon, sie wurden verheizt, aber was ist mit den Gastgeber. Geht an ihnen unsere Anwesenheit so ganz spurlos, oder bekommen auch so manche, nach einem erfogreichen Schlag gegen die Taliben, etwas in den Kopf. Und wie soll mit denen weiter gehen, die Betreung bekommen sie vom Karsei sicher nicht.

"mehr Einsatz in Afghanistan", kann man jetzt sagen den "auftrag hatte ich ... verstanden" ? Hat jemand verstanden wofür "mehr Einsatz" ? Um noch mehr bw-Leute zu verheizen, oder Afghanen zum Krüppel machen oder umbringen ?

Welche Zielsetzung verfolgt man seit 7 Jahren und was davon erreicht wurde ? Von den "politnutten" bekommen wir die Antwort nicht. Wie lange wollen wir diese Schmarotzen noch füttern ?