Volle Kliniken, ratlose Notärzte, die Odyssee von Notfallpatienten. Es handelt sich um einen Bericht von "Report München" über die Nichtbehandlung von Notfallpatienten in Kliniken, die Irrfahrten von Notärzten von einer Klinik zur anderen und die möglichen Gründe. Die Notärzte sollten wissen, dass jede Klinik zur Aufnahme und Behandlung verpflichtet ist und darauf bestehen. Die Ärzte haben den Eid des Hippokrates geschworen. Daran sollte man sie erinnern.
Ich mag jedem Angehörigen zwingend raten bei einem Notfalleinsatz mitzufahren. Ein Kind würde ich auf keinen Fall seinem Schicksal überlassen. Ich weiß, wovon ich schreibe. Eins meiner Kinder war zweimal in Lebensgefahr. Mit Blaulicht und Martinshorn in die Klinik, die aber nicht abwies. Ich berichte "nur" von einem Fall. Ich habe auf meine Anwesenheit bestanden. Die Ärzte versuchten es mir auszureden. Ich könne das nicht ertragen. Sie hätten jetzt die Verantwortung.
Ich gebe zu, es war schwer zu ertragen mitanzusehen, was sie alles an Behandlungen und Untersuchungsmethoden starteten und dabei das gequälte Gesicht des Kindes zu sehen und sein Geschrei zu hören. Wenn es irgendwie ging, hatte ich das Kind auf meinen Armen. Ich habe den Ärzten gesagt, wenn das Kind das aushalten muss, kann ich das erst recht. Ich habe auch nicht eingesehen, dass sie mein Baby wie eine Leberwurst zusammenwickeln, es an der Wand aufhängen, ihm den Mund zukleben, damit es still hält und ist, um es röntgen zu können. Die mussten mir eine Bleischürze besorgen und es wurde auf meinen Armen geröngt. Ich habe das Kind beruhigt.
Ich musste die Ärzte belehren, dass ich die Hauptverantwortung für das Kind habe und sie in dem Moment, in dem sie es behandeln, ihre ärztliche Mitverantwortung haben. Eine meiner härtesten "Übungen" war mitanzusehen, wie sie das Würmchen langsam aus dem künstlichen Koma holten und es dann extubierten. Es hatte eine lebensbedrohliche Lungenentzündung und war wegen seines geschwächten Herz-Kreislaufsystems ins künstliche Koma versetzt worden. Es war an die Herz-Lungenmaschine angeschlossen worden. Mehr als eine Woche hält eine Babylunge den Druck nicht aus.
Die Docs wollten mich auch da nicht dabei haben. Ich habe darauf bestanden und das Pflegepersonal stand argumentativ hinter mir. Dann zogen sie die Schläuche. Das Besteck für den Luftröhrenschnitt lag bereit. Der Papa ist vorher 'rausgegangen. Das war auch besser so. Das schnalzende Geräusch und das Geräusch des Absaugens habe ich nie vergessen. Normalerweise braucht es bei einer Extubierung mehrere Versuche, denn die Lunge muss lernen wieder selber zu atmen. Das alles hatten die Ärzte mir auf meine bohrenden Nachfragen erklärt. Ich bestand und bestehe auf Einsicht in die Krankenakten. Das ist mein Recht. Gut, das Mediziner"deutsch" muss man sich übersetzen (lassen).
Das Kind brüllte nach dem Ziehen der Schläuche. Ich hatte es bei dem "Vorgang" mit der einen Hand gestreichelt und mit der anderen Hand in den Hintern gezwickt. Ein Arzt meinte, dass streicheln "kontraproduktiv" sei. Was ich von dem bescheuerten Wort hielt, habe ich ihm später erklärt. Brüllen bedeutet, atmen zu können. Das war das schönste Brüllen der Welt. Die Docs bezeichneten es als medizinisches Wunder. Sie sagten mir, als die Wutz über den Berg war, dass sie nicht an eine Genesung geglaubt haben. Da hatte ich endlich Zeit in Ohnmacht zu fallen. Ich habe niemals an der Genesung gezweifelt, sonst wäre ich verzweifelt.
Ich habe mich viel mit dem Pflegepersonal unterhalten. Ich war tagsüber in der Klinik. Nachts war der Papa bei ihm. Uns fiel auf, was ihnen auffiel. In der Kinderintensivstation, das waren schwer kranke Kinder, wurden die Kinder kaum von ihren Eltern besucht/betreut. Sie überließen die Verantwortung anderen.
Das kleine Wunder ist heute Gymnasiast, eine hinterfragende "Nervensäge", ein Powerpaket mit besonders liebenswerten Eigenschaften. Wenn einer von uns kränkelt, ist er der Krankenpfleger. Vor soviel Fürsorge können wir uns kaum retten.
Notarzteinsatz muss bedeuten: mitfahren. Dabei sein. Teilhabe. Kümmern. Die Ärzte an Rechte und Pflichten erinnern. Ich bedanke mich bei dem Ärzte- und Pflegeteam, das seinen Einsatz gezeigt hatte. Die Docs sagten mir, dass ich eine fürchterliche Nervensäge gewesen sei und sie mich unter die Kategorie "schwierig zu handhabende Mutter einsortiert haben" und mit einem Augenzwinkern, dass sie sich noch mehr davon wünschen. Das werte ich als Kompliment. Das Pflegepersonal sagte mir, dass viele Kinder leichter genesen würden, wenn ihre Eltern kämen und sich um sie kümmern würden. Da fällt mir eine Mutter ein, die mal kurz nach ihrem kranken Baby schaute und wieder gehen "musste", weil sie die Kirmes nicht verpassen wollte und ein Vater, der kaum einen Blick auf sein krankes Kind warf. Er musste seine "Geschäfte" erledigen und zum nächsten Termin.
Falls mich mal wieder jemand fragen sollte, worum es geht: Eigenverantwortung und Verantwortung für die eigenen Kinder und darüber zur Not den Job und Kritik riskieren.
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