Donnerstag, 4. März 2010

Zu blöde oder zu doofe Schulabgänger und Auszubildende?

Das Lieblingsschmierblatt der Nation läßt heute zur Abwechslung die Erwerbslosen ungeschoren und nimmt sich die Jugendlichen ungalant zur Brust. Sie fragen, ob Auszubildende zu blöd oder zu doof sind? Sie berufen sich auf den "Berufsbildungsbericht 2010“ der Bundesregierung.

Wenn jemand seinen Schulabschluss nicht erreicht oder keinen Ausbildungsplatz findet, hat das nicht unbedingt mit Doof- oder Blödheit zu tun. Man beklagt mangelndes Leistungsvermögen und die unzureichende schulische Qualifikation der Bewerber. Es gäbe Defizite beim Lesen, Rechnen, Schreiben und in der Sozialkompetenz. Zum Schluss erfolgt natürlich der erhobene Zeigefinger für die Eltern. Wir leben schließlich in einer Welt der einseitigen Schuldzuweisungen.

Für die "Experten" schildern wir den täglichen Wahnsinn an Schulen. Klassenstärken von 30 Kindern sind normal. Die Kinder haben ein unterschiedliches Lerntempo und unterschiedliche Begabungen und Neigungen. Die Lehrkräfte können bei diesen Klassenstärken und den festgelegten schulstofflichen Vorgaben nicht individuell auf jedes einzelne Kind eingehen und wenn sie sich noch so bemühen. Die Kinder können sich nicht entfalten.

Für einen betrieblichen Ausbildungsplatz ist heute das Abitur unerläßlich. Die Politiker haben wegen der PISA-Hysterie den Kindern ein Schuljahr gestrichen. Dieses fehlende Schuljahr muss in die verbleibenden Schuljahre integriert werden. Dadurch stehen Schüler und Lehrkräfte unter Druck. Nicht jedes Kind kann diesen Leistungsdruck aushalten. Es ist kein Zufall, dass immer mehr Schulkinder über Schlafstörungen, Kopf- und Bauchschmerzen klagen. Immer mehr Lehrkräfte klagen über das Burnout-Syndrom.

Zum Burnout-Syndrom der Lehrer sah ich einen kurzen TV-Bericht, in dem behauptet wurde, dass die Kinder zu kompliziert geworden seien. Ach so, jetzt sind die Kinder "schuld". Könnten wir uns über die "Schuld"frage einigen?

Regelmäßig fallen wegen fehlender Lehrkräfte Unterrichtsstunden aus. Lehrerinnen werden schwanger und gehen in den Mutterschutz. Es sei ihnen gegönnt. Viren, Bakterien und verschiedene Krankheiten machen auch vor Lehrkräften nicht halt. Das Problem: es gibt kaum Vertretungslehrer. Den Kindern fehlen die ausfallenden Unterrichtsstunden. Ein Lehrer, der abwesend ist, kann nichts vermitteln, mit den Kindern nicht üben und keine Hausaufgaben aufgeben. Der Schulstoff gerät ins Stocken.

Die Klassenstärken müssen gesenkt werden. Wir brauchen mehr Lehrkräfte. Erwerbslose müssen als 1-Eurojobber in den Schulen unterrichten. Sie sind kompetent und meist sehr motiviert. Sie hoffen vergeblich auf eine Festanstellung. Sie bleiben nicht auf Dauer und werden von dem nächsten 1-Eurojobber ersetzt. Referendare werden oft nicht eingestellt, weil es den Kommunen an Geld mangelt. Gerade die meist unkonventionellen jungen Referendare erfreuen sich bei den Kindern außerordentlicher Beliebtheit. Sie würden sie gerne behalten. Sie bringen frischen Wind in ihren Schulalltag. Dieser ständige Wechsel tut den Kindern nicht gut. Lehrkräfte, die auf Dauer unterrichten, kennen ihre Klassen, ihre Schüler und deren Probleme.

Aufgrund des elterlichen Geldmangels brechen Schüler die Schule ab. Ein Schuljahr kostet mit Fahrkosten, Verpflegung, Büchern und Schulmaterialien ein kleines Vermögen. Zu unserer Schulzeit wurden alle Schulbücher, Pausenmilch bzw. -kakao zur Verfügung gestellt. Das ist gestrichen worden. Nur ein Teil der Bücher wird noch gratis an die Kinder vergeben. Dazu kommt noch die Zusatzliteratur, die regelmäßig gekauft werden muss.

Was springt den Kindern medial entgegen? Die Frage, ob sie zu blöd oder zu doof sind. Das ist eine Frechheit, beleidigend und demotivierend. Am Ende sind es die Eltern "schuld". Der Hauptschuldanteil liegt beim Versagen der Politik und ihren bildungsfeindlichen Sparmaßnahmen.

In einer Quizsendung hatte ein Lehrer schlecht abgeschnitten. Auf so einem öffentlichen Schleudersitz kann man sich Nervosität und Versagerängste vorstellen. Am nächsten Tag gab es die Schlagzeile: Wie doof sind unsere Lehrer?

Beim Lesen dieses bescheidenen Artikels, bei dem wir eine Verlinkung verweigern, haben wir einige Fehler gefunden; vom schlechten Ausdrucksstil ganz zu schweigen. Jeder Deutschlehrer würde dafür eine miserable Note vergeben. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Die Medien haben genug Geld und hätten alle Möglichkeiten fehlerfreie Artikel und Berichte zu veröffentlichen. Was sie teilweise ihren Lesern und Zuschauern anbieten, nennen wir mangelnde Vorbildfunktion für die Schulkinder.

Eltern gebe ich einen Rat, wenn sie gebildete und denkende Kinder haben wollen. Besorgen Sie ihnen ein Bibliothekausweis und lassen Sie sie gute Bücher lesen. Die Bibliotheken sind voll davon. In Bibliotheken kann man auch im Internet surfen. Gehen Sie mal mit ihnen in ein Stadt- oder Staatsarchiv. Dort erfahren sie Dinge, die in keinem Schulbuch stehen.

Schwalbe, sorry, ich habe vergessen mich umzuloggen

Keine Kommentare: