Dienstag, 16. September 2008

Die vergessenen Kinder des Krieges

Über ein Vierteljahrhundert befindet sich der Irak im Krieg oder kriegsähnlichem Zustand. Das hat Folgen für die Bevölkerung. Wir möchten uns auf die Folgen für die Kinder konzentrieren.
Wer flüchten kann, verläßt das Land; darunter vornehmlich Ärzte, Ingenieure und Lehrer. Das sind die Berufsgruppen, die das Land am dringendsten braucht. Man kann ihnen vorwerfen, dass sie ihre Landsleute im Stich gelassen haben. Man muss aber auch bedenken, dass seit 2003 ca. 2.000 Ärzte ermordet wurden.

Viele versuchen von ihrer neuen Wahlheimat aus zu helfen, wie der Kinderarzt Khalik, der mit Kollegen den Verein 'Children of Bagdad' gründete. Ihr Ziel ist u. a., Psychiater aus dem Nahen Osten in der Behandlung von traumatisierten Kindern weiterzubilden. Sie behandeln irakische Flüchtlingskinder, die unter Schlaflosigkeit, Angstzuständen, Depressionen, Albträumen, Anpassungsstörungen und Konzentrationsmangel leiden. Die Kinder sind introvertiert, sprechen kaum und haben nur noch wenig Vertrauen in die Erwachsenen und wenig Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft.

47 % der Kinder haben wenigstens ein traumatisches Ereignis durchlebt. 14 % haben posttraumatische stressbedingte Störungen. Laut Medact, einer Unterorganisation der IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) sind acht Mio. Iraker auf Notfallhilfe angewiesen. Die Sterblichkeitsrate ist hoch. Bei Kindern unter fünf Jahren ist die hohe Sterblichkeitsrate vergleichbar mit den ärmsten Ländern der Welt. Die psychischen Erkrankungen bei den Kriegskindern steigen. Kein Wunder bei der Gewalt, die sie erlebt haben. Eltern, Verwandte, Freunde verschwanden aus ihrem Leben. Die, die sie schützen wollten, wurden verhaftet oder getötet. Oft genug haben sie es miterlebt. Dazu kommen die Kampfhandlungen, die Angst getroffen zu werden, der damit verbundene Lärmpegel, der Zwang sich an Gewalt beteiligen zu müssen, 'vergessene' Blindgänger, die Kinder als Spielzeug benutzen. Jeder vierte Minderjährige soll unter seelischen Störungen leiden. Im Irak soll es 70 Psychiater geben. Kinder- und Jugendpsychiater sind nicht vorhanden.

Vor dem Krieg besuchten fast 100 % der Kinder eine Schule, nach dem Krieg waren es nur noch 30 %. Wo keine Schule ist, weil die Gebäude zerstört wurden und keine Lehrer vorhanden sind, die unterrichten, kann kein Unterricht stattfinden. Manche Kinder müssen für den übriggebliebenen Rest ihrer Familie sorgen. Er herrscht Mangelernährung. Es gibt Probleme mit der Trinkwasserversorgung. Die Krankhäuser haben medizinische Versorgungsprobleme. Waisenkinder, die nicht wissen, wohin.
http://tagesschau.sf.tv/nachrichten/archiv/2008/09/14/international/angst_laehmt_iraks_kinder
http://www.zeit-fragen.ch/ausgaben/2008/nr6-vom-422008/wie-geht-es-den-kindern-im-irak/

Ein Artikel über die Auswirkungen psychischer Gewalt in Krisen- und Kriegsgebieten oder 'Angst essen Seele auf' nach R.W. Fassbender:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,470220,00.html

Man findet 'unter Kinder im Irak und psychische Folgen' 63.500 Suchergebnisse. Wir haben viele davon durchstöbert und überall ähnliche erschütternde Angaben gefunden. Zweifel an der Korrektheit hegen wir nicht. Krieg ist grausam und vermutlich werden diese Kinder kein normales Leben mehr führen können. Die nächsten Daueropfer werden die Kinder Afghanistan's sein, wenn sie es nicht schon sind. Wenn man den Erzählungen älterer Menschen zuhört, die den 2. Weltkrieg miterlebt haben, stellt man fest, dass sie ihre Erlebnisse nie verwunden haben und davon nie losgelassen wurden. Die Kinder des Krieges sind die Hauptleidtragenden, aber darüber machen sich die Initiatoren keine Gedanken. Es sind ja 'bloß' Kinder und vor allem nicht ihre. Sie bleiben an der 'Heimatfront' und bekommen hinterher einen Orden.
Es wundert nicht, dass US-Veteranen sich reihenweise das Leben nehmen oder nicht mehr in ein normales Leben zurückkehren können. Wie sollen es die Kinder können, wenn es Erwachsene nicht können?!
Die besondere Tragik dabei: USA hat bisher nur wenige irakische Flüchtlinge aufgenommen.
Was können wir tun? Uns gegen den Krieg im Irak und Afghanistan stellen und nicht tatenlos zusehen und wer eine zuverlässige seriöse Hilfsmöglichkeit sieht, sollte sie nutzen.

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