Freitag, 14. Mai 2010

Das Recht des Siegers?

In Kriegen gibt es Opfer und Täter. Die Schreibtischtäter bleiben i.d.R. unbehelligt. Soldaten werden an die Front geschickt, zwangsrekrutiert, ziehen in den Krieg für irgendwelche Ideale, Ideologien unter dem Deckmantel von Religionen der Gehirnwäsche unterlegen. Im Krieg handeln/leiden Soldaten, die Zivilbevölkerung, Lagerinsassen. Die Folgeopfer sind Vertriebene, Flüchtlinge, Kriegsgefangene und vergewaltigte Menschen. ZDF sendete am Montag und Mittwoch den Zweiteiler: "Eine Frau in Berlin-Anonyma".

"Meine Kerls" haben sich sofort verstrichen. Das wollten sie nicht sehen. Zwischendurch kamen sie schauen und gerade immer bei den Vergewaltigungs- oder Nötigungsszenen. "Warum guckst du das"? fragten sie. Antwort: "Das ist ein dunkles Kapitel der Geschichte. Ihr könnt es euch anschauen". Nee, sie gingen flüchten. Eine Stellungnahme von Moviemaze. In Wahrheit war es viel brutaler.

Wie viele Frauen es traf, ist schwer zu ermessen. 10.000, 100.000, 1 Millionen oder mehr. Jede ist eine zu viel. Wer gibt ihnen das Recht sie für etwas büßen zu lassen, was sie nicht getan haben? Muss Rache sein? Muss dieses Macht"spiel" sein? Muss man sich erheben über andere? Muss man andere degradieren? Kann man sexuelle Lust durch Gewalt empfinden? Wie geht das?

"Eine Frau in Berlin ist das autobiografische Werk von Marta Hillers (1911–2001), die als Anonyma ihr Schicksal vom 20. April bis 22. Juni 1945 in Berlin und ihre Rolle als Vergewaltigungsopfer plündernder Rotarmisten beschreibt. Es gehörte zu den größten deutschen Bucherfolgen des Jahres 2003. Die erste Auflage war bereits 1954 auf Englisch, 1955 auf Niederländisch und 1959 auf Deutsch erschienen. 2003 wurde das Buch in der von Hans Magnus Enzensberger herausgegebenen Anderen Bibliothek im Eichborn-Verlag wiederaufgelegt." Quelle Wikipedia

Der Autorin ist vorgeworfen worden, dass sie mit der Veröffentlichung ihres Tagebuches die Ehre der deutschen Frau verletzt habe. Die Ehre wird mit der Vornahme der Brachialgewalt verletzt und nicht mit der Veröffentlichung eines Tagebuches.

Die Authentizität des Buches ist bezweifelt worden. Meine Mutter und meine Tante waren zu der Zeit in Berlin. Sie haben erlebt, was die aufgehetzten Rotarmisten veranstaltet haben. Als ich erwachsen war, haben sie es mir erzählt. Bis dahin haben sie geschwiegen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Vor mit saßen zwei gestandene Frauen in Tränen aufgelöst. Wir haben noch oft darüber gesprochen. Sie erzählten mir von einer Frau, die ihre Enkelin unter ihren Röcken verschwinden ließ, damit sie das minderjährige Mädchen verschonen.

Es war wichtig, dass sie endlich sprechen konnten. Über dem Film schwebt der Satz: "Wir Frauen müssen schweigen, sonst rührt uns kein Mann mehr an." Warum ist man(n) nicht bereit vergewaltigten Menschen zuzuhören? Es heißt gerne, die Opfer hätten Signale ausgesendet und seien selbst schuld. Wenn sie sich zum Schutz einen "Wolf" gesucht haben, damit nicht noch mehr auf ihnen "herum rutschen", kann ich das verstehen.

Es gab Russen, die ihnen geholfen haben. Die versuchten, sie zu schützen. Vergewaltigungen gab es auch in den West-Sektoren. Noch ein totgeschwiegenes Thema.

Eine Vergewaltigung nimmt einem die Ehre. Den Verstand. Es ist ein Gefühl der Machtlosigkeit. "Das sind doch nur ein paar Minuten und unsere Männer sind sauber". Wer das so sieht, hat nichts begriffen.

Übrig bleiben Fragen: warum tun Menschen das? Wollen sie das erlittene Leid ihrer Familien und Landsleute an andere weiter geben? Wenn ja, was haben sie damit gewonnen? Wer sich rächt, (körperliche) Macht ausüben will, ist nicht besser als die, die er verurteilt.

Am 8./9.Mai 2010 wurde dem Ende des 2. Weltkrieges gedacht. Man hat nicht an alle Opfern gedacht. Man erinnerte offiziell an die, an die man meinte erinnern zu müssen.

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