Donnerstag, 27. Mai 2010

Erwachsene sind eine merkwürdige "Spezies"

Sie leiden anscheinend an Omnipotenz. Sie sagen den Kindern und Jugendlichen, was sie zu tun und zu lassen haben. Sie halten sich oft selber nicht daran.

Bei Sportveranstaltungen wie Olympia, EM, WM, Champions League, etc. werden sie zu selbsternannten Trainern. "Nun bewege dich", während sie gemütlich sitzen. "Mensch, komme aus der Deckung". Sie benutzen Schimpfworte, die Kinder nicht benutzen sollen.

Bei Familienfeiern werden sie zu genauen Kinderbeobachtern und scheinen eine Erzieherlizenz zu haben. "Kind sitze gerade, sprich nicht mit vollem Mund, das Messer hält man so oder so". Wenn man die Ermahner genau beobachtet, sitzen sie selber nicht gerade, sprechen mit vollem Mund, halten das Besteck nicht korrekt, popeln in den Zähnen. Das Thema habe ich eines Tages zur Sprache gebracht. Ein familiäres Bollwerk. Wenn man möchte, dass die Kinder sich etwas davon annehmen, sollte man mit leuchtendem Beispiel voran gehen.

Ich zitiere Opa, der seine Enkel ermahnte: "Man muss immer ehrlich sein". Es klingelte an der Tür. Die Nachbarin kam. Er kann sie nicht leiden. Das wussten die Enkel. Er säuselte: "Das ist aber schön, dass Sie uns besuchen". Eins meiner Kinder: "Opa, was soll das? Du magst sie doch nicht. Ich denke wir sollen immer ehrlich sein?" Boing!

Nach einer Familienfeier hatte mein Gatte als Kind im Wachstum noch Hunger und wollte sich über den heimischen Kühlschrank hermachen. Er hatte sich gemäßigt, damit es nicht heißt, dass er verfressen sei. Seine Mutter sagte: "Es war doch genug zu essen da. Warum hast du dich dort nicht satt gegessen?" Bei der nächsten Feier hat er einen Kuchen komplett vernichtet. Das war seinen Eltern peinlich. Er bekam vor Ort Schelte und sagte: "Mama, du hast doch gesagt, dass ich mich dort satt essen soll." Boing! Dumm ist, wenn die Erwachsenen sich dann winden und nicht zu ihren Worten stehen. Wen soll das überzeugen?

Mein jüngster Sohn bekam als Kleinkind von mir den "Auftrag" die frisch gewaschenen und gefalteten Gästehandtücher ins Klo zu bringen. Er hat sie im Klo versenkt. Rien na va plus. Klo verstopft. Mein Ältester meinte cool: "Bevor du mit ihm meckerst, überdenke deine Ausdrucksweise". Wir mussten den Klempner holen. Ich habe gelernt meine Worte den Kindern gegenüber genau zu wählen.

Ein Witz meiner Kinder: in der Küche ist etwas herunter gefallen oder zu Bruch gegangen. Keiner meckert, dann war es ein Erwachsener.

Erwachsene heucheln den Kindern etwas vor. Wenn die Kinder uns wortwörtlich nehmen, haben sie einen Grund dazu. Sie wollen austesten, ob sie sich an unsere Worte halten können. Sie stellen fest, dass unsere Worte öder Wörter oft falsch gewählt sind. Sie können Wortklauber sein und jedem Politiker die Stirn bieten. Manche Kinder sind wahre Grenzaustester. Man kündigt z.B. eine Konsequenz an . Wenn man die Konsequenz nicht einhält, wird man unglaubwürdig.

Vor Klassenfahrten bekommen wir Eltern zu unterschreibende Schreiben über Regeln an die sich die Kinder zu halten haben. Wer sich nicht daran hält, muss nach Hause fahren oder abgeholt werden. Wir sollen die Kinder ermahnen, dass sie die Regeln einhalten. Von den Kindern weiß ich, dass die Lehrkräfte sich an einige Regeln nicht halten.

Auf dem Schulhof ist Rauchverbot. Die Oberschüler verstreichen sich zum Rauchen in den Park. Wer sucht sich eine Ecke auf dem Schulhof zum Rauchen? Die Lehrkräfte.

Im Büro hatten wir eine Kollegin, die sich grauslig kleidete. Jedes neue Kleidungsstück führte sie uns vor und wollte wissen, wie wir es finden. Alle lobten ihren Geschmack. Ich zog es vor zu schweigen. Verließ sie das Büro, ging das Geläster hinter ihrem Rücken los.

Erwachsene erzählen den Kindern etwas über Gewaltlosigkeit. In Wahrheit senden Erwachsene Gewalt aus. Sie zetteln Kriege an. Sie missbrauchen Kinder in vielerlei Hinsicht. Die Politik benutzt das Wohl und die Sicherheit der Kinder, um Gesetze verschärfen oder neue erlassen zu können. An ihr ewiges Bildungsgefasel, ist schon lange nicht mehr zu glauben. Wenn ihnen wirklich daran gelegen wäre, hätte sie längst sinnvolle Maßnahmen eingeleitet.

Das darf mit weiteren Geschichten/Erfahrungen ergänzt werden. Die Kinder durchschauen die Erwachsenen. Wenn wir uns nicht an die an sie ausgesendeten Aussagen halten, drohen sie zu scheitern, weil ihnen die Orientierung verlustig geht.




Wird Zeit, dass wir die Küche renovieren. Vorher veranstalten wir mal wieder ein Ritteressen. Benimmregeln und Besteck sind verboten. Die Knochen dürfen an die Wand geschmissen werden. Danach benehmen wir uns wieder :-o).

Am besten ist die Urgroßmutter, die ein Herzleiden hat, beim Gehen ein wenig Stütze braucht und bei Feiern flüstert : "Besorg mich än Schnäpschen und än Zigarettchen. Bringe mich außer Sichtweite. Hol dä Ipott von dinn Jung, damit ich Powermucke hören kann". Jawoll. Sie ist beachtliche 97 Jahre. Das Gros der Familie behandelt sie wie eine Unmündige. "Oma, das darfst du doch nicht mehr, denk an den Herz". Sie muss wissen, was sie tut. Die Enkel und Urenkel wissen die unkonventionelle tolerante Omi zu schätzen.

Man kann den Kindern durchaus beibringen, dass eine Notlüge ab und an angebracht ist, man seine Aussagen bisweilen abschwächen sollte oder es besser ist zu schweigen, um die Gefühle anderer nicht zu verletzen.

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