Samstag, 15. Mai 2010

Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt?

Wir? Düsen wir auf Steuerzahlerkosten mit dem Kanzler-Jet durch die Welt? Haben wir uns die Diäten erhöht? Nehmen wir den Dienstwagen mit Chaffeur in den Urlaub? Haben wir Ackermanns Geburtstagsessen im Bundeskanzleramt zelebriert? Wollen wir den Afghanistan-Einsatz, damit unser "guter Freund" USA auf unsere Kosten sparen kann? Haben wir die Schulden gemacht? Saßen wir in den Aufsichtsräten und Vorständen und haben Derivate, Hedgefonds und Wetten an Finanzmärkten abgenickt? Was man der Bevölkerung vorwerfen kann ist, dass ihnen der Überblick fehlte. Sie haben Beratern vertraut. Sie glaubten ihnen. "Wir brauchen mehr Vertrauen und Transparenz". Damit die Leute bloß nichts durchblicken haben die Medien ihren zweifelhaften Job verrichtet, diese korrupte manipulierte Horde. Diese Schmierlappen.

Nein, wir bezahlen das. Hat die Alleinerziehende, die die Brille für ihr Kind nicht zahlen kann, über ihre Verhältnisse gelebt? Hat ein Kurzarbeiter, der bei der Steuererklärung eine böse Überraschung erlebt, über seine Verhältnisse gelebt? Hat ein Hartz-Empfänger, der nach 10, 20 oder 30 Jahren Arbeit als fauler Schmarotzer bezeichnet wird, über seine Verhältnisse gelebt? Hat eine Familie, die Schwierigkeiten hat, die Kosten für die Bildung ihrer Kinder aufzubringen, über ihre Verhältnisse gelebt?

Wenn ich schon lese "wir", kriege ich die Pimpernellekes. Das deutsche Volk hat...Deutschland hat... Wir erklären die uneingeschränkte Solidarität/Souveränität mit...Was erdreisten sich Politiker, dass sie glauben in unser aller Namen für uns sprechen zu können? In einer Talkshow verplapperte sich ein FDP-Politiker: "Ist doch nur Wahlkampf".

Koch legt mit seinen Sparmaßnahmen zum Thema Bildung nach. Man werde das Ziel für Bildung verschieben müssen. Das Thema Steuersenkungen ist erledigt. Es ist die Rede von Steuererhöhungen. Bei uns in der Kommune hat man die Gewerbesteuer erhöht. Die Selbständigen fluchen wie die Rohrspatzen. Und was haben sie gewählt?

"Deutschland habe seit vielen Jahrzehnten über seine Verhältnisse gelebt, sagte Merkel. In den nächsten Wochen werde deshalb eine Kernfrage lauten: «Wo können wir sparen?» Auch Subventionen müssten überprüft werden. Sparmaßnahmen allein nach der Rasenmäher-Methode werde es nicht geben. Bei den notwendigen Sparmaßnahmen werde sich der Zusammenhalt der Gesellschaft zeigen."

Wo können wir sparen? Die Bundeswehr aus Afghanistan abziehen. Diäten kürzen. Unnötige Reisen vermeiden. Unternehmen, Manager, Banken, Banker, Spekulanten, Politiker für das haften lassen, was sie angerichtet haben. Das Verursacherprinzip beachten. Sich an Gesetze halten, damit das BverG und die Sozialgerichte nicht weiter bemüht werden müssen. Den Verwaltungsaufwand schmälern. Das wollte die FDP/Westerwelle machen und hat sich einen Stab an Staatssekretären eingestellt. Hinter jedem Leistungsempfänger steckt ein Bürokratieaufwand, der die empfangene Leistung um die Hälfte oder 2/3 übersteigt. Wer braucht die millionenschwere Volkszählung? Es wären ein Ansätze.

Die Behörden scheinen völlig Banane zu sein. Erlauben sie sich mal den Spaß und überweisen einen Cent zu wenig oder zu viel ans Famt. Mit Verbissenheit und allen entstehenden Kosten sind sie im Einsatz. Für einen Cent zu wenig machen sie alles mobil bis zum Vollstreckungsbescheid. Von Kosten-Nutzenrechnung haben sie anscheinend noch nie was gehört. Wer einen Funken Verstand hat, bucht so einen Betrag aus, aber nicht die Behörden. Die Kosten sind höher als der Nutzen. Und wo kämen wir denn dahin, wenn man das durchgehen ließe. Sie haben falsch geparkt? Sie haben ein Knöllchen nicht bezahlt? Sie bekommen keine Mahnung. Vor Ihnen stehen Ordnungs- und Polizeibeamte. Willi Wichtigs in Uniform. Sie wollen Sie verhaften. Erzwingungshaft. Sie trauen sie aber nicht an die heran, die es wichtiger wäre zu verhaften.

Zum Jahreswechsel 2008/2009 habe ich einen satirischen Jahresrückblick geschrieben, der auf der Neujahresansprache von Frau Merkel basierte. Ich habe es umgedeutet. Freunde und Verwandte haben den Kopf geschüttelt und waren sich sicher, dass ich übertreibe. Bei uns sagt man so schön: ett kütt, ett kütt, lommer du sargen. Bedauerlicherweise wettet keiner mehr mit mir.

Zur Gedächtnisstütze Politiker- und Expertenaussagen aus 2008:
"Uns liegen überhaupt keine Anzeichen dafür vor, dass sich zusätzliche Belastungen für die deutsche Wirtschaft ergeben. Die Bundesregierung sieht momentan nicht die Notwendigkeit eines staatlichen Eingreifens."
19. März 2008
(Peer Steinbrück (SPD),
Bundesfinanzminister, laut einem Sprecher)

"Wir befinden uns in schwierigen Zeiten. Aber wir haben starke und entschlusskräftige Maßnahmen eingeleitet. Die USA haben die Situation im Griff."
17. März 2008
(George W. Bush,
damals US-Präsident)

"Ich rechne in diesem Jahr mit keinen gravierenden Auswirkungen auf die deutsche Konjunktur. Die deutsche Wirtschaft ist trotz der US-Finanzmarktkrise weiter robust."
19. März 2008
(Bert Rürup,
damals Chef der Wirtschaftsweisen)

"Die Finanzinstitute im Euro-Raum sind in robuster Verfassung. Die Finanzmarktturbulenzen haben die Finanzierungsbedingungen in der Währungsunion nicht wesentlich verschlechtert."
26. März 2008
(Jean-Claude Trichet,
Chef der Europäischen Zentralbank)

"Einige kleinere US-Banken werden die aktuelle Finanzkrise nicht überleben. Bei den großen, international agierenden Instituten wird es aber wohl keine ernsthaften Probleme geben."
28. Februar 2008
(Ben Bernanke,
US-Notenbankchef)

"Die Aussichten für den Haushalt 2008 sind hervorragend."
19. März 2008
(Angela Merkel (CDU),
Bundeskanzlerin, laut einem Sprecher)

"Wir haben keine Anzeichen dafür, dass die Probleme in den USA auf die Konjunktur in Deutschland überspringen. Ich warne vor einem vorschnellen Ruf nach zusätzlicher Regulierung."
27. März 2008
(Michael Glos (CSU),
damals Bundeswirtschaftsminister)

"Ich glaube nicht, dass zusätzliche Regulierung die Antwort ist, oder dass eine effektivere Regulierung Finanzmarktturbulenzen, wie sie alle fünf bis zehn Jahre vorkommen, verhindern kann."
31. März 2008
(Henry Paulson,
damals US-Finanzminister, laut Redemanuskript)

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